Grundlagen der Fahrzeugelektrik

Ohne funktionierende Elektrik fährt kein Motorrad. Umso wichtiger ist es, über Watt und Volt, Ampere und Ohm Bescheid zu wissen.

Grundlagen der Fahrzeugelektrik

Elektrik Basiswissen

Wer bei dem Wort „Watt“ an die Nordseeküste denkt, liegt ja nicht grundsätzlich falsch. Um aber Fehler an der Elektrik seines Fahrzeugs erfolgreich beheben zu können, sollte man vorher diesen und einige weitere wichtige physikalische Grundbegriffe der Elektrik kennengelernt und verstanden haben. Watt, Volt und Co. wollen wir hier erklären und gleichzeitig dem Hobby-Schrauber die weit verbreitete Angst nehmen, sich mit der Elektrik seines Motorrads zu beschäftigen.

Strom ist nicht sichtbar – seine Wirkung ist jedoch sinnlich wahrnehmbar: z. B. das Licht aus einer Glühlampe, die Wärme aus einer Griffheizung oder der Ausschlag eines Voltmeters zeigen deutlich, dass ein Strom fließt. 

„Stromfluss“ bedeutet am Gleichstromnetz des Motorrades, dass negativ geladene Elektronen vom Minuspol der Stromquelle (z. B. der Batterie) über ein Kabel und einen Verbraucher (z. B. eine Glühlampe) zum Pluspol wandern. Bei Wechselstrom wechselt die Stromrichtung ständig – ungleichgerichteter Strom fließt z. B. von der Wechselstrom-Lichtmaschine an die Spannungsregler-/Gleichrichtereinheit des Fahrzeugs und wird von dort gleichgerichtet in das Gleichstrombordnetz eingespeist.


Stromkreis mit Sicherung

Stromkreis mit Sicherung: a) Stromquelle (Batterie); b) Sicherung; c) Schalter; d) Verbraucher (Glühlampe); e) Leitung

Die Grundbegriffe: Ohm, Volt, Ampere und Watt

Die Intensität des Stromes und die Wirkung eines Leiters kann man sich verständlich machen, wenn man sie mit dem Wasserfluss in einem Rohr vergleicht. Der Wasserdruck am Rohrende hängt von dessen Durchmesser und Gefälle ab – je höher die Wasserquelle angeordnet ist und je größer der Durchmesser des Rohres, desto größer ist auch der Wasserdruck. 

Beim Stromfluss entspricht der Durchmesser des Rohres dem Querschnitt des angeschlossenen Elektrokabels. Je dicker und kürzer das Kabel, desto besser leitet es den Strom, und desto weniger „Widerstand“ setzt es ihm entgegen. Je länger und dünner das Kabel ist, desto höher ist dessen „elektrischer Widerstand“. Dieser ist abhängig von Material, Querschnitt, Länge und Temperatur. Der Widerstand wird in Ohm (Ω) gemessen und hat das Formelzeichen R. Das Kabel besteht aus Metall und leitet den Strom nicht völlig reibungslos. Durch diese Reibung entsteht Wärme. Ein zu dünnes oder korrodiertes Kabel kann also durchaus heiß werden bis hin zum Brand der Isolierung (Kabelbrand). Um solche Schäden zu vermeiden, werden elektrische Sicherungen eingesetzt. Diese funktionieren wie eine Sollbruchstelle an einem mechanischen Bauteil, sie unterbrechen den Stromkreis z. B. bei einem Kurzschluss. Du verhütest so Schäden an der Batterie und an elektrischen Bauteilen oder eben Kabelbrände.

Sorge immer für saubere und korrosionsfreie Verbindungen

Sorge immer für saubere und korrosionsfreie Verbindungen

Neben ausreichend dicken Kabeln für die jeweilige Anwendung sollte stets auf korrosions- und schmutzfreie Kontakte, wie Klemmen und Stecker geachtet werden, um Übergangswiderstände gering zu halten. Lüsterklemmen und Abzweigverbinder sollten am Fahrzeug möglichst nicht verwendet werden, da sie den Widerstand in der Leitung unnötig erhöhen und keine sichere und vibrationsfeste Verbindung herstellen. Minus-/Masseleitungen sollten qualitativ so gut sein wie Plusleitungen.

Hier wird Strom erzeugt: die Lichtmaschine

Hier wird Strom erzeugt: die Lichtmaschine

Die Spannung wird in Volt (V) gemessen und hat das Formelzeichen U. Die Spannung ist der Potentialunterschied zwischen Minus- und Pluspol: In unserem Wasservergleich ist dies der Unterschied zwischen einem vollen und einem leeren Wasserbehälter auf einer Ebene, die man mit einem Rohr verbindet. Das Wasser fließt nun solange, bis der Füllstand in beiden Behältern ausgeglichen ist. Dieser Zustand entspricht einer leeren Batterie. Damit das Wasser wieder fließt, muss es umgepumpt werden, bei der Batterie übernimmt das „Pumpen“ entweder ein Ladegerät oder der Stromgenerator, die sog. „Lichtmaschine“ des Fahrzeugs. Dieser erzeugt Spannung durch die Rotationsbewegung einer elektrischen Spule in einem Magnetfeld.

Eine weitere wichtige Größe im Stromkreis ist die Stromstärke. Sie wird in Ampere (A) gemessen und hat das Formelzeichen I. Die Stromstärke gibt an, wie viele Elektronen pro bestimmter Zeit durch einen Leiterquerschnitt /einen Widerstand (das Stromkabel) fließen. In unserem Wasser-Vergleich entspricht die Stromstärke der Wassermenge, die in einer bestimmten Zeit abhängig von Rohrdurchmesser und Gefälle durch das Wasserrohr fließt.

Den Zusammenhang aus den bislang erklärten physikalischen Größen Stromstärke, Spannung und Widerstand beschreibt das Ohm'sche Gesetz: 

  • R = U / I (Widerstand = Spannung / Stromstärke)
  • I = U / R (Stromstärke = Spannung / Widerstand)
  • U = R x I (Spannung = Widerstand x Stromstärke)

Hat man zwei Größen, so kann die dritte daraus berechnet werden. Die vierte wichtige Größe zur Beschreibung eines Stromkreises und des Wirkungsgrades eines elektrischen Verbrauchers ist die Leistung. Sie wird in Watt (W) angegeben und hat das Formelzeichen P. Auch sie ist abhängig von Spannung und Stromstärke und kann nach folgender Formel berechnet werden: 

  • P = U x I (Leistung = Spannung x Stromstärke)
  • I = P / U (Stromstärke = Leistung /Spannung)
  • U = P / I (Spannung = Leistung / Stromstärke)

In einem Stromkreis fließt nur Strom, wenn er auch geschlossen ist. Ein Stromkreis besteht, wie schon festgestellt, grundsätzlich aus Spannungsquelle, Leitung und einem oder mehreren Verbrauchern. Am Motorrad finden wir meist ein Einleiter-System, in dem eine Leitung den Pluspol der Batterie über einen Schalter (z. B. das Zündschloss) mit dem jeweiligen Verbraucher (z. B. eine Glühbirne) verbindet. Die Rückleitung erfolgt über eine Sammelleitung und den metallischen Motorradrahmen, der so genannten Masse, die über den Masseanschluss mit dem Minuspol der Batterie verbunden ist. Wird das Zündschloss auf „off“ gestellt, ist die Batterie von den Stromkreisen des Fahrzeugs getrennt, kein Verbraucher kann betrieben werden.

Stromkreise am Motorrad

Die Motorradelektrik teilt sich in mehrere Stromkreise auf. Ohne die folgenden Stromkreise kann kein Motorrad für den Straßenverkehr zugelassen werden:

  • Ein Ladekreis versorgt die Batterie über den Generator (Lichtmaschine) und den Spannungsregler / Gleichrichter.
  • Ein Zündkreis versorgt Zündeinheit, Zündspulen und Zündkerzen.
  • Ein Lichtkreis den Frontscheinwerfer, die Instrumente und das Rücklicht mit Strom.
  • Dazu kommen als kleinere, separate Stromkreise das Bremslicht über die Bremslichtschalter der Vorder- und Hinterradbremse, die Blinker, die Hupe und ggf. Kontrollleuchten.

Moderne Zweiräder verfügen über etliche weitere Stromkreise, z. B. für die thermostatgesteuerte Wasserkühlung des Motors mit dessen Lüfter, die computergestützte Einspritzelektronik mit ihren verschiedenen Sensoren oder den Brems-Assistenten (ABS).

Um bei computergesteuerter Fahrzeugelektronik den Aufwand für die Verkabelung zu reduzieren und gleichzeitig den Anschluss zusätzlicher Komponenten zu erleichtern, kommt immer häufiger sogenannte CAN-Bus-Technologie zum Einsatz, mit deren Hilfe die elektronischen Bauteile über kurze Stichleitungen an gemeinsame Datenleitungen angeschlossen werden.

Stromkreis-Testgerät zum Aufspüren von Kriechströmen

Stromkreis-Testgerät zum Aufspüren von Kriechströmen

Prüfgeräte

Fehler an der Zweiradelektrik ergeben sich meist aufgrund von defekten, eingeklemmten Kabeln mit beschädigter Isolierung oder schlechten, ggf. auch nassen Steckverbindungen. Diese führen hin und wieder zu Kurzschlüssen oder Kriechströmen. Ein Kriechstrom (der „kleine Bruder“ des Kurzschlusses) entsteht, wenn Feuchtigkeit oder Korrosion irgendwo in einem Stromkreis eine ungewollte Verbindung herstellen z. B. an einem offenen Kontakt wie dem (abgeschalteten) Zündschloss. Obwohl sehr schwach, entleert er auf Dauer die Batterie, wenn das Fahrzeug abgestellt ist. Bei Kurzschlüssen geht das wesentlich schneller. Sie machen sich deshalb durch herausgesprungene Sicherungen bemerkbar. Der Ursache solcher Fehler kommt man am besten mit einem Stromkreis-Testgerät auf die Spur. Es erkennt und misst Gleichströme. Mit den Adaptern für Mini- und Standardflachstecksicherungen lassen sich Kriechströme im Stromkreis bei ausgeschalteter Zündung erkennen. Dazu eine Sicherung aus dem Sicherungskasten herausziehen und in den passenden Adapter stecken. Den Adapter an die Stelle der Sicherung stecken, das Gerät einschalten und den Wert ablesen.

Das Multimeter, ein vielseitiges Prüf- und Messinstrument

Das Multimeter, ein vielseitiges Prüf- und Messinstrument

Um Fehlerquellen zu finden und elektrische Bauteile durchzumessen, ist ein Multimeter hilfreich, mit dem die Batteriespannung, der Widerstand eines Kabels bzw. eines Bauteils, der Stromfluss u.v.m. gemessen werden können. Bei Louis erhältst du zum Multimeter eine motorradbezogene Gebrauchsanweisung mit Anwendungsbeispielen. Das erleichtert die Fehlersuche enorm.

Mit LED-Multifunktionstester spürt man Fehler im Kabelbaum auf

Mit LED-Multifunktionstester spürt man Fehler im Kabelbaum auf

Wenn es nur darum geht, festzustellen, ob ein Bauteil mit Strom versorgt wird oder die Zuleitung unterbrochen ist, hilft eine einfache Prüflampe. Sie sollte in keinem Werkzeugsatz fehlen. Man klemmt das Kabel des LED-Multifunktionstester an Masse (z. B. eine blanke Motorschraube) oder an ein Minuskabel vom Kabelbaum des Fahrzeugs (z. B. am Minuspol der Batterie) und hält die Prüfspitze an den Pluseingang des zu überprüfenden Bauteils (z. B. das Eingangskabel vom Zündschloss). Bleibt die Lampe dunkel, wird das Bauteil über den geprüften Kontakt nicht mit Strom versorgt und die Zuleitung muss auf Unterbrechungen untersucht werden. Leuchtet die Lampe, ist die Stromzufuhr in Ordnung und ggf. stimmt etwas im Innern des Bauteils nicht.

Weitere Fehlfunktionen ergeben sich z. B. aufgrund von korrodierten Kabeln, deren Innenwiderstand so hoch ist, dass sie nicht mehr gut leiten und heiß werden. Auch ältere Zündschlösser und Schalter leiten den Strom häufig nicht mehr ausreichend und führen so zu Ausfällen. Defekte an der Lichtmaschine oder auch nur an deren Kabelanschluss können die Stromzufuhr zur Batterie lahmlegen. Defekte Spannungsregler können zum Überladen der Batterie führen. Abgenutzte Schleifkohlen können einen Anlasser lahmlegen. Lies hierzu mehr in unserem Schraubertipp Elektrik und Elektronik prüfen.


Das Louis Technikcenter

Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.

Bitte beachten!

Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.

Wir danken für dein Verständnis.


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