Schrauben lösen, Gewinde reparieren

Festsitzende Schrauben und zerstörte Gewinde gehören zu den hässlichsten Problemen beim Schrauben am Motorrad. Aber mit Geduld und dem nötigen Knowhow lassen sich auch diese Probleme lösen.

Schrauben lösen, Gewinde reparieren

Schrauben am Motorrad lösen

Man kennt die Geschichte: Ein sonniges Wochenende steht vor der Tür, alles ist parat für eine schöne Tour, nur eine Kleinigkeit soll noch am Bike erneuert werden. Und da passiert es – die eine, die letzte von all den Schrauben, an der das auszuwechselnde Teil noch hängt, sie will sich nicht lösen lassen... oder sie dreht einfach ab, zurück bleibt ein unzugänglicher Stumpf... oder das Elendsding kommt gleich mit dem Gegengewinde in Form einer traurigen, kleinen Spirale ans Licht.

Egal, was dir in solch einem Augenblick durch den Kopf gehen mag – gib deiner Wut lieber nicht nach! Nur ein kühler Verstand kann jetzt helfen, größere Schäden zu vermeiden. Bevor du zu gefährlichem Aktionismus übergehst, hol dir lieber erstmal ein kühles Getränk oder was immer deinem Nervenkostüm in dieser Situation am besten hilft – und beschaue das Malheur in aller Ruhe.

„Vergniesgnaddelte“ Schraubenköpfe

Bietet der Schlitz oder Kreuzschlitz eines Schraubenkopfes dem normalen Schraubendreher keinen ausreichenden Halt mehr, um zum Lösen genügend Kraft wirken zu lassen, unternimmt man mit diesen Werkzeugen besser keine weiteren „hilflosen Versuche“, welche die Schraube nur noch weiter ruinieren. Lieber sollte bei Zeiten ein Schlagschrauber mit Impact-Mechanismus eingesetzt werden. Dieser wandelt einen Hammerschlag in einen sehr kräftigen Drehimpuls um, schont dabei den Schraubenkopf und sollte in keiner Motorradwerkzeugkiste fehlen. 


Schrauben lösen – so geht’s

Drehrichtung des Schlagschrauber einstellen ...

Drehrichtung des Schlagschrauber einstellen ...

Lösen mit dem Schlagschrauber

Stelle den Schlagschrauber auf „Lösen“ ein. 

Schraube mit Hammerschlägen lösen

Schraube mit Hammerschlägen lösen

Wähle einen gut passenden Bit und ein paar gut dosierte Schläge mit einem größeren Hammer (wenigstens 300 g) auf das Werkzeug lösen auch angeknallte oder festgerostete Schrauben mit beschädigten Köpfen! 


Festgerostete Mutter mit Rostlöser „einweichen“

Festgerostete Mutter mit Rostlöser „einweichen“

Lösen mit Vielzwecköl

Überhaupt hilft oft ein einfacher Hammerschlag via Schraubendreher auf den Schraubenkopf oder Rostlöser (z. B. WD-40), etwaigen Rost im Gewinde zu lösen. Hat man eine sichtbar rostige Schraube oder Mutter vor sich, sollte das Kriechöl eine Weile einwirken, bevor weitergearbeitet wird. An empfindlichen Bauteilen ist der Einsatz des Hammers bzw. des Schlagschraubers natürlich Fehl am Platz. Entscheidend beim Lösen bereits „angenagter“ Schrauben ist immer die Wahl des am besten passenden Werkzeugs: Schraubendreherklingen sollten optimal passen und nicht bereits verrundet sein, Sechskantschrauben geht man mit einer Knarrennuss an, die über Flankenangriff verfügt (wie in den Knarrenkästen aus dem Louis Sortiment vorhanden).


Weitere Methoden zum Lösen sind: Soweit zugänglich, den Schraubenkopf ganz fest mit einer guten Rohrzange packen und langsam zu drehen versuchen. Hier ist Kraft gefragt, das Werkzeug darf nicht „durchrutschen“.


Vielzahnbit in Innensechskantschraube treiben

Vielzahnbit in Innensechskantschraube treiben

Lösen mit Vielzahnbit

Rundgedrehte Innensechskantschrauben lassen sich lösen, indem man einen Vielzahn-Bit mit dem Hammer hineintreibt und ihn mit der Knarre dreht. Der Vielzahnbit kann dabei natürlich ggf. beschädigt werden – aber du willst ja vor allem die Schraube lösen!


Mutter mit Hammer und Meißel lösen

Mutter mit Hammer und Meißel lösen

Lösen mit Hammer und Meißel

Mit dem Hammer und einem kleinen Meißel kann man versuchen, den Schraubenkopf von der Seite „anzutreiben“.


Mutter mit Säge aufschlitzen

Mutter mit Säge aufschlitzen

Schraubschlitz anfertigen

Noch kein Erfolg oder du kannst an einem empfindlichen Bauteil nicht mit dem Hammer arbeiten? Dann versuche, dem Schraubenkopf oben mit Hilfe einer Metallsäge und einer Schlüsselfeile einen tiefen, griffigen Schlitz für einen kräftigen Schlitzschraubendreher zu verpassen.

Sitzt die Schraube in Aluminium fest, kann Wärme das Lösen erleichtern (s. Abschnitt „Festsitzende Gewindebolzen“). 


Abbohren des defekten Schraubenkopfes

Abbohren des defekten Schraubenkopfes

Schraubenkopf abbohren

Wenn alles nichts hilft, muss der Schraubenkopf durch Bohren entfernt werden. Stets mittig, mit einem kleinen Bohrer vor- und in der Größe des Schraubengewindes fertig bohren. Denke daran: Es soll zunächst nur der Kopf entfernt werden, also nicht zu tief hineingehen! Später kannst du überlegen, wie das steckengebliebene Gewindestück am besten zu entfernen ist. Bei intaktem Gewinde lässt es sich meist leicht mit einer Rohrzange fassen und herausdrehen.


Mutter mit Mutternsprenger spalten

Mutter mit Mutternsprenger spalten 

Mutter mit Mutternsprenger spalten

Festgerostete oder „rundgedrehte“ Muttern kann man mit einem „Mutternsprenger“ von der Seite her öffnen.

Das geht auch mit der Feile, der Eisensäge oder der Flex. Nicht bis ins Gewinde flexen! Achtgeben, dass im Umfeld keine Schäden beim Arbeiten entstehen! Besser durch Abdecken oder Abkleben für Schutz sorgen. Ist die Mutter frei zugänglich und der Bolzen leicht auszuwechseln, kann man ihn auch einfach durch bündiges Absägen (zwischen Mutter und Unterlegscheibe) entfernen. Das geht häufig am schnellsten. Schütze immer das Umfeld vor dem Sägeblatt!


Mutter seitlich aufflexen

Mutter seitlich aufflexen 

Mutter seitlich aufflexen

Verdorbene Senkschrauben, die sich mit keinem Werkzeug fassen und bewegen lassen, kann man ab 6 mm Durchmesser mit Hilfe eines Linksausdrehers entfernen. Dazu muss die Schraube exakt mittig und gerade im richtigen Durchmesser (s. Verpackung des Linksausdrehers) gebohrt werden. Gelingt das mittige Bohren nicht, sind die Erfolgsaussichten schlecht – überlasse die Arbeit besser einem Fachmann, wenn du von deinen Fähigkeiten nicht überzeugt sind.

Achte auch darauf, gerade einen kleinen Linksausdreher nicht über Gebühr zu belasten – bricht er ab, hast du ein gehärtetes Stück Stahl in der Schraube stecken, das besonders schlecht zu entfernen ist. Linksausdreher lassen sich natürlich auch für festsitzende Stehbolzen verwenden. Sie taugen nur für Rechts-, nicht für Linksgewinde.

Defektes Gewinde wegbohren …

Defektes Gewinde wegbohren …

Festsitzende Gewindebolzen

Abgedrehte Schraubenköpfe oder Bolzen weisen oftmals auf ein tiefersitzendes Problem hin: Meist wird der Bolzen durch Rost oder einen Schaden am Gewinde im Untergrund festgehalten. Versuchen wir es also zunächst mit Rostlöser – über Nacht gut einwirken lassen! 

Das weitere Vorgehen hängt davon ab, wie viel vom Bolzen noch greifbar ist – haben wir genug Gewinde für zwei Muttern zur Verfügung, setzen wir diese auf, kontern sie kräftig und versuchen, den Bolzen herauszudrehen. Ist nur wenig übriggeblieben, wird man einen Versuch mit der Rohrzange unternehmen. Greife mit der Zange so fest wie möglich zu und versuche, den Bolzen zu drehen ... klappt es nicht, weiteren Versuch lieber unterlassen.

Nutze lieber den Gewinderest, um eine gute Schraube anzuschweißen und diese zu drehen! Hast du dazu keine Möglichkeit, kannst du auch einen Linksausdreher versuchen. Sitzt der Bolzen in Aluminium, kann Wärme das Lösen deutlich erleichtern, denn heißes Alu dehnt sich stärker aus als Stahl. Voraussetzung ist jedoch, dass kein Wellendichtring aus Gummi, kein O-Ring, keine Gummidichtung oder sonst etwas Hitzeempfindliches sich in der Nähe befindet, die andernfalls getauscht werden müssten. Gehäusedeckel nimmt man zum Erwärmen möglichst ab und legt sie auf eine Kochplatte. Wird mit dem Brenner gearbeitet, stets um das Ziel herum kreisend erwärmen, die Flamme nie punktuell „draufhalten“. Hast du lackiertes Alu vor dir, nutze statt eines Brenners ein Heißluftfön und vermeide zu große Hitze. 100 – 150° C reichen zum Lösen eines Bolzens aus (zur Kontrolle: Öl verdampft bei 200° C, Wasser bei etwas über 100° C). Wurde ein Bolzen mit hochfester Schraubensicherung verbaut, muss generell warm gelöst werden, auch wenn es sich um eine Stahl-Stahl-Verbindung handelt. Loctite „hochfest“ benötigt sogar 300° C.


Hinweis: Wenn alles nichts hilft, will wohl überlegt sein, wie man weiterverfährt – besonders, wenn der „böse“ Bolzen im Motor steckt. Motoreninstandsetzungsfirmen können einen solchen durch „Ausfunken“ entfernen. Er wird durch starken Strom zerstört – das Aluminium ringsherum bleibt dabei unbeschädigt und mit ihm das Gewinde! 


… Gewinde für V-Coil-Reparatur-Einsatz schneiden …

… Gewinde für V-Coil-Reparatur-Einsatz schneiden …

Ausbohren ist immer mit einer Gewindereparatur oder dem Schneiden des nächstgrößeren Gewindes verbunden. Unabdingbar ist dafür aber, dass exakt mittig und gerade gebohrt wird. Überlasse solch eine Arbeit ggf. einem Fachmann – ist nämlich durch unsachgemäßes Bohren erst einmal ein übler „Krater“ entstanden, hast du wirklich ein Problem: Da hilft nur noch das komplette Ausschweißen und Neufertigen eines Gewindes. Im aufgeschweißten Material wird ein solches jedoch nicht mehr ganz die ursprüngliche Belastbarkeit haben.


… und V-Coil-Reparatur-Einsatz positionieren

… und V-Coil-Reparatur-Einsatz positionieren

Gewinde mit V-Coil reparieren

Zerstörte Innengewinde lassen sich mit Hilfe der patentierten „V-Coil“ Gewindeeinsätze gut und dauerhaft reparieren. Gegenüber Gewindebuchsen aus Stahl hat V-Coil den Vorzug, sich auch bei dauernder thermischer Belastung nicht zu lösen, deshalb ist dieses Produkt hervorragend zur Reparatur z. B. von Zündkerzengewinden geeignet.

Jeder V-Coil-Reparatursatz enthält neben den spiralförmigen Einsätzen einen Bohrer zum Herstellen des passenden Loches, einen Spezialgewindeschneider und ein Werkzeug zum fachgerechten Eindrehen der Einsätze. Absolut entscheidend für den Erfolg Ihrer Arbeit ist, dass etwaige Bolzenreste fachgerecht entfernt wurden, damit du ein sauberes, gerades Loch zum Schneiden des neuen V-Coil-Gewindes vor dir hast. 


Achtung! Wenn du dir deiner Fähigkeiten nicht sicher bist, überlasse die Reparatur ggf. einer Werkstatt. Wer nicht über ein äußerst geübtes Auge und viel Gefühl verfügt, wird „aus der Hüfte“ an einem eingebauten Motor z. B. das Gewinde der Krümmeraufnahme am Zylinderkopf nie im richtigen Winkel und mittig gebohrt bekommen. Im Zweifelsfall baue das betreffende Teil unbedingt aus, damit es unter einer Standbohrmaschine sauber ausgerichtet werden kann – nur so ersparst du dir später den dauernden Ärger über ein schiefes, vermurkstes Gewinde!


Ärger mit defekten Gewinden vermeiden

„Vorbeugen ist besser als heilen“ – den Gehalt dieses langweiligen alten Spruches wird jeder erkannt haben, der sich einmal mit den beschriebenen Problemen herumschlagen musste. Und das Vorbeugen ist eigentlich ganz einfach: Verwende zum Schrauben stets nur Werkzeug, das sich in gutem Zustand befindet. Sortiere verdorbene Schraubendreher, Maulschlüssel und andere Geräte rigoros aus Ihrem Fundus aus! Der Ärger, den du damit haben wirst, übersteigt mit Sicherheit die Freude am zunächst gesparten Geld... Schlitz- und Kreuzschlitzschraubendreher oder -Bits sollten in guter Auswahl vorhanden sein, damit man stets mit wirklich passendem Werkzeug arbeiten kann. In unserem Sortiment findet sich alles Benötigte.

Ergänze auch deinen Schlagschraubendreher entsprechend mit einem Bitsatz. Sechskantschrauben kann man schonen, indem vor allem Knarrennüsse mit Flankenangriff benutzt werden. Alle Rothewald Knarrenkästen aus unserem Sortiment sind entsprechend bestückt. Achte beim Montieren stets auf saubere Gewinde! Nimm zum Reinigen Bremsenreiniger oder Druckluft zu Hilfe. Wichtig dabei: eine Schutzbrille tragen.

Ein ganz klein wenig Kupferpaste auf jedem Gewinde lässt dieses deutlich besser gleiten und nimmt im Gegensatz zu Fett der Verbindung keinerlei Festigkeit. Montiere Edelstahl-Schrauben in Alu immer mit Kupferpaste! Sollte eine mit Kupferpaste behandelte Schraube einmal in den Schmutz fallen, muss sie besonders sorgsam gereinigt werden (z.B. mit Bremsenreiniger).

Schrauben und besonders Zündkerzen stets mit Gefühl aufsetzen. Ist beim Hineindrehen ein Widerstand spürbar, sofort wieder herausdrehen und der Ursache auf den Grund gehen! Das Gewinde lässt sich häufig noch durch Nachschneiden oder Bearbeiten mit einer Gewindefeile retten. Frage im Zweifel deine Werkstatt. Mehr zum Thema findest du im Schraubertipp Gewinde schneiden.


Unsere Empfehlung


Das Louis Technikcenter

Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.

Bitte beachten!

Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.

Wir danken für dein Verständnis.


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